Einleitung

Bindung

Bindung gehört zum Menschen

Bindungs-Explorations-Balance

Erste Bindung an die Mutter

Schwangerschaft und Geburt

Phasen der Bindungsentwicklung

Bindungsqualitäten

Entstehung der sicheren Bindung

Bindung und Sprache

Vorteile der "sicheren Bindung"

Sichere Bindung erhält das Leben

Angst zu Verwöhnen

Bindung und Autonomie

Bedeutung der Vater-Kind-Bindung

Frühe Fremdbetreuung

Übergänge in Betreuungseinrichtungen

Bindung, Bildung und Kultur

Literatur: Bindung

Literatur: Frühe Fremdbetreuung

Literatur: Kinder verstehen und liebevoll großziehen

 

 

 

Bindungsqualitäten

Bei Kleinkindern von 12 bis 18 Monaten kann man in der so genannten „Fremden  Situation“, das ist ein standardisierter Ablauf von Episoden, die Bindungsqualität bzw. das Bindungsmuster erfassen. Ziel ist die Beobachtung des Gleichgewichts zwischen Bindungs- und Explorationsverhalten. Die Mutter und das Kleinkind befinden sich dabei in einem fremden Raum mit attraktivem Spielzeug. Zwei Trennungen und zwei Wiedervereinigungen mit der Mutter zeigen, wie sich das Kind beruhigen lässt und zu den Spielsachen zurückkehrt. Auch die Reaktionen des Kindes auf eine freundliche, aber fremde Person sind aufschlussreich. Auch bei älteren Kindern kann die Bindungsqualität bestimmt werden. Dabei sind die Methoden an das Alter angepasst, z.B. Puppenspiel.

Man unterscheidet die drei Hauptgruppen „sicher“, „unsicher-vermeidend“, und „unsicher-ambivalent“ gebundene Kinder. Diese drei Bindungsmuster (sichere, unsicher-vermeidend, unsicher-ambivalent) werden als spezifische und organisierte Anpassungsmuster noch durchschnittlich normaler Mutter-Kind-Beziehung angesehen. Bei der vierten Gruppe der „desorganisiert/desorientiert“ gebundenen Kinder lässt sich gar keine zielgerichtete Bindungsstrategie erkennen. Diese Kinder haben aus verschiedenen Gründen kein stabiles Verhaltensmuster zur Bindungsperson aufbauen können.

Das Bindungsmuster, welches das Kleinkind zu seiner ersten Bezugsperson aufgebaut hat, bleibt über das ganze Leben hinweg ein Bezugspunkt und beeinflusst die Gesamtentwicklung und den Werdegang der Persönlichkeit. Günstige wie ungünstige Bindungsmuster können von Generation zu Generation weiter gegeben werden.

Häufigkeiten der vier Bindungsqualitäten

Es werden kulturelle Unterschiede beobachtet. Im deutschsprachigen Raum geht man davon aus, dass etwa die Hälfte aller Kinder sicher gebunden ist, nicht ganz ein Drittel unsicher-vermeidend und ca. 7% unsicher-ambivalent. Knapp 20% der Kinder zeigen ein desorganisiertes/desorientiertes Bindungsmuster (Quelle: Gloger-Tippelt in Ahnert, 2008).

Kennzeichen der vier Bindungsqualitäten (nach Gloger-Tippelt in Ahnert, 2008)

Die sichere Bindung: Das Kind benutzt in der "Fremden Situation" die Mutter als sichere Basis für die Exploration. Bei Trennung zeigt das Kind seine emotionale Belastung. Bei Wiedersehen begrüßt es die Mutter aktiv durch Laute, den Gesichtsausdruck und Bewegungen. Es sucht Körperkontakt, wenn es belastet ist, kann aber leicht beruhigt werden und exploriert schnell wieder.
Die unsicher-vermeidende Bindung: Es überwiegt das Explorationsverhalten und keine emotionale Orientierung zur Mutter. Bei Trennung reagiert das Kind kaum, es zeigt seine Belastung nicht. Bei Wiedervereinigung vermeidet es Kontakt durch Blickvermeiden, Vermeiden von Körperkontakt, Wegdrehen des Körpers von der Bezugsperson. Die Orientierung ist auf Spielsachen gerichtet. Das Stresshormon Kortisol ist erhöht.

Die unsicher-ambivalente Bindung: Das Kind ist hoch belastet beim Betreten des Versuchsraumes, es zeigt wenig Exploration. Bei Trennung ist es stark beunruhigt, weint, bei der Wiedervereinigung wechseln Nähe suchen und quengeln oder Wut ab. Diese Kinder können sich entweder aktiv-ärgerlich oder passiv gegenüber der Mutter verhalten. Das Stresshormon Kortisol ist erhöht.

Die desorganisierte/desorientierte Bindung: Das Kind zeigt spezifische Verhaltensweisen, welche von der Angst vor der Bezugsperson und Konflikten gekennzeichnet sind, z.B. Abwenden des Kopfes bei gleichzeitiger Annäherung, eingefrorene Bewegungen, das Kind lässt sich auf den Boden fallen usw. Diese Gruppe hat sich v.a. für klinische Studien und Risikokinder (misshandelte, vernachlässigte Kinder) bewährt. Das Stresshormon Kortisol ist erhöht.